Ableitung matrixwertiger Fkt. < mehrere Veränderl. < reell < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Aufgabe | Bestimme die Ableitung von $f: M(2 [mm] \times [/mm] 2, [mm] \IR) \to [/mm] M(2 [mm] \times [/mm] 2, [mm] \IR)$ [/mm] mit $A [mm] \mapsto A^2$ [/mm] |
Hallo allerseits!
In unserem Skript wurde mehrmals nebenbei erwähnt, dass die Ableitung einer $2 [mm] \times [/mm] 2$-Matrix wieder eine $2 [mm] \times [/mm] 2$-Matrix ist, ohne näher darauf einzugehen. Mir leuchtet das aber nicht ein :-(
Wie ist denn überhaupt die Ableitung einer matrixwertigen Funktion definiert, für mich ist das nicht sofort ersichtlich.
Ich möchte das einfach mal an dem oberen Beispiel darstellen. Ich bin auf mehrere Möglichkeiten gekommen.
I)"Lineare Approximation"
Unsere Definition lautete folgendermaßen: Eine Funktion $f$ ist in $a$ diff'bar, falls es eine Linearform $L$ gibt mit $f(a+h) = f(a) + L [mm] \cdot [/mm] h + r(h)$ mit [mm] $\frac{r(h)}{|h|} \to [/mm] 0$ für $h [mm] \to [/mm] 0$. Nun stellt sich natürlich die Frage, wie eine solche Approximation bei einer Matrix aussieht? Ich habe es einfach mal ausprobiert: $f(A+H) = [mm] (A+H)^2 [/mm] = [mm] A^2 [/mm] + AH + HA + [mm] H^2$. [/mm] Hier ergibt sich schon das Problem, dass die Matrixmultiplikation nicht kommutativ ist. Wie könnte man hier weitermachen?
II) Isomorphie zum [mm] $\IR^4$
[/mm]
Man könnte anstattdessen die Abbildung $g: [mm] \IR^4 \to \IR^4$ [/mm] mit [mm] $\vektor{a \\ b \\ c \\ d} \mapsto \vektor{a^2 + bc \\ b(a + d) \\ c(a + d) \\ d^2 + bc}$ [/mm] (falls ich mich nicht verrechnet habe ) betrachten. Man erhält dann für die Jakobimatrix $Df(a,b,c,d) = [mm] \begin{pmatrix}2a & c & b & 0 \\ b & a + d & 0 & b \\ c & 0 & a +d & c \\ 0 & c & b & 2d \end{pmatrix}$
[/mm]
Mir gefällt diese Lösung persönlich aber nicht, da die Struktur der Matrix hier nicht erhalten bleibt.
III) Jakobimatrizen in der Matrix
Tschuldigung für die schlechtgewählte Überschrift! Folgendes liegt ja nahe, um die Struktur der Abbildung zu erhalten. Wir betrachten die Komponentenfunktionen [mm] $\begin{pmatrix}f_{11} & f_{12} \\ f_{21} & f_{22} \end{pmatrix}$. [/mm] In der Jakobimatrix von $f$ stehen dann die Jakobimatrizen der Komponentenfunktionen, also $Df = [mm] \begin{pmatrix}Df_{11} & Df_{12} \\ Df_{21} & Df_{22} \end{pmatrix}$. [/mm] Hier hätten wir also eine Verschachtelung von Matrizen vorliegen! Entsprechend mit [mm] $f_{11}(a,b,c,d) [/mm] = [mm] a^2 [/mm] + bc$ also [mm] $Df_{11} [/mm] = [mm] \begin{pmatrix}2a & c & b & 0 \end{pmatrix}$. [/mm] Dies ähnelt natürlich bis auf der Struktur meinem zweiten Vorschlag.
Zumindest bei den letzten beiden Vorschlägen erhalte ich ja keine $2 [mm] \times [/mm] 2$-Matrix. Ich würde mich über Kommentare zu meinen Vorschlägen und über Internetlinks / Literaturhinweise freuen!
Gruß,
Stephan
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 15:50 Mi 19.09.2007 | Autor: | Hund |
Hallo,
deine erste Lösung ist die richtige. Die Ableitung hast du ja auch bereits:
f(A+H)=(A+H)²=A²+AH+HA+H²=f(A)+AH+HA+H²
H² ist hierbei der Approximationsfehler in der Definition und AH+HA ist die Ableitung und ist wie verlangt linear in H, also:
f´(A)(H)=AH+HA.
Ich hoffe, es hat dir geholfen.
Gruß
Hund
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Hallo Hund!
Danke für deine Antwort! Das zeigt einmal wieder, dass man einfach mit den Definitionen arbeiten sollte bzw. diese überträgt. Ein kleines Problem habe ich noch: Würden wir einfach die reellwertige Funktion $g(x) = [mm] x^2$ [/mm] betrachten, hätten wir einfach $g(x + h) = (x + [mm] h)^2 [/mm] = [mm] x^2 [/mm] + 2xh + [mm] h^2$. [/mm] Daraus folgt direkt $g'(x) = 2x$. Arbeiten wir nun mit der matrixwertigen Abbildung, so ist es ja nicht einfach möglich, dass $H$ wegzulassen, also man erhält $f'(A)(H) = AH + HA$. Kann man daraus einfach folgern $f'(A) = f'(A) * [mm] E_n [/mm] = A * [mm] E_n [/mm] + [mm] E_n [/mm] * A = 2A$ oder mach ich jetzt einen groben Fehler? Ich tue mir einfach damit schwer, weil es so ungewohnt ist:
Ich habe bisher einfach die Linearform "bestimmt", also umgeformt, bis ich auf $f(a + h) = f(a) + L [mm] \cdot [/mm] h + r(h)$ kam und dann einfach das "h weggelassen", was in diesem Fall ja nicht möglich ist.
Zum Verständnis: Sei $L$ der Raum der stetig linearen Abbildungen. Definiere [mm] $\psi: [/mm] L [mm] \to [/mm] L$ mit $f [mm] \mapsto [/mm] f [mm] \circ [/mm] f$. Dann gilt
[mm] $$\psi(f [/mm] + h) = (f + h) [mm] \circ [/mm] (f + h) = f [mm] \circ [/mm] (f + h) + h [mm] \circ [/mm] (f + h) = f [mm] \circ [/mm] f + f [mm] \circ [/mm] h + h [mm] \circ [/mm] f + h [mm] \circ [/mm] h$$
Ich habe mich jetzt zugegebenermaßen nicht um die Abschätzung des Restgliedes gekümmert noch eine Norm auf dem Raum definiert. Wenn das Restglied sich wie gefordert verhält, gilt dann
[mm] $$\psi'(f)(h) [/mm] = f [mm] \circ [/mm] h + h [mm] \circ [/mm] f$$
Und können wir jetzt die Ableitung ohne das $h$ angeben, also [mm] $\psi'(f) [/mm] = f [mm] \circ [/mm] id + id [mm] \circ [/mm] f = f + f = 2f$?. Ich hoffe, ihr versteht mein Problem
Gruß!
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(Antwort) fertig | Datum: | 21:33 Fr 21.09.2007 | Autor: | Hund |
Hallo,
das h kannst du nicht weglassen. Du musst dich daran gewöhnen, dass die (totale) Ableitung einer Abbildung eine Linearform ist.
In deinem Beispiel wäre die Ableitung z.B. AH+HA. Da kannst du nichts mehr dran ändern.
Dein Problem ist, dass du dich daran orientierst:
f(x)=x², also:f´(x)=2x
Das ist aber ein ganz anderer Ableitungsbegriff. Die totale Ableitung von f wäre:
f(x+h)=(x+h)²=x²+2xh+h², also: f´(x)(h)=2xh.
Du musst dir also merken, dass für eine Abbildung die Abbleitung eine Linearform ist. Nun kann man aber Linearformen durch Matritzen angeben, was du ja sicher aus der Linearen Algebra kennst. Für die obere Funktion wäre diese Matrix ja (2x), denn:
f´(x)(h)=(2x)h=2xh, wobei jetzt (2x) eine 1*1-Matrix sein soll.
Für eine beliebige total differenzierbare (!!!) Abbildung eines [mm] IR^{n} [/mm] nach [mm] IR^{m} [/mm] ist diese Matrix, gerade die Funktionalmatrix, auch Jacobi-Matrix genannt. Und aus dieser Matrix kann man dann auch die totale Ableitung, also die von der Matrix induzierten Linearform angeben. Aus diesem Grunde spricht man auch oft unsauber von der Funktionalmatrix als Ableitung, obwohl man die entsprechende Linearform meint. (Dabei ist die Identifikation zwischen Matrix und Linearform bezüglich der Standardbasen gemeint.)
Ganz wichtig: Oft hat man eine Abbildung die partiell differenzierbar ist, so dass man die Funktionalmatrix und damit auch die entsprechende Linearform aufstellen kann, die dann die totale Ableitung sein soll. Die Abbildung muss dann aber noch nicht einmal total differenzierbar sein, d.h. die entsprechende Bedingung für den Approximationsfehler muss dann nicht gelten. Man muss vorher (mit diversen Sätzen) wissen, dass die Abbildung total differenzierbar ist, dann kann man die totale Ableitung auch berechnen. Ist die Abbildung z.B. schon partiell differenzierbar in einem Punkt und die partiellen Ableitungen dort stetig, dann ist die Abbildung in diesem Punkt bereits total differenzierbar.
Ich hoffe, es hat dir geholfen.
Gruß
Hund
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 10:31 Sa 22.09.2007 | Autor: | subclasser |
Hallo Hund!
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. So habe ich die Sache noch nie gesehen, ich hatte ein vollkommen anderes Bild von der totalen Ableitung. Da habe ich wieder mal etwas gelernt
Dankeschön!
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