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(Frage) beantwortet | Datum: | 12:03 Mo 19.07.2004 | Autor: | michael7 |
Hallo,
ich lese mir gerade ein Skript ueber naive Mengenlehre durch. Dort steht z.B.:
Satz: $M [mm] \cup [/mm] N = N [mm] \cup [/mm] M$.
Beweis: Fuer alle $x$ gilt:
$x [mm] \in [/mm] M [mm] \cup [/mm] N [mm] \gdw [/mm] x [mm] \in [/mm] M$ oder $x [mm] \in [/mm] N [mm] \gdw [/mm] x [mm] \in [/mm] N$ oder $x [mm] \in [/mm] M [mm] \gdw [/mm] x [mm] \in [/mm] N [mm] \cup [/mm] M$.
Folglich ist $M [mm] \cup [/mm] N = N [mm] \cup [/mm] M$.
Meine Frage nun: wie merkt man, ab wann ein Satz bewiesen ist? Z.B. ist bei obigem Satz ja "eigentlich sofort klar", dass das so sein muss. Aber es muss natuerlich trotzdem formal bewiesen werden. Soweit klar. Aber ich waere z.B. nicht auf diesen Beweis gekommen, da ich nicht wuesste, ob ich einfach "$x [mm] \in [/mm] M$ oder $x [mm] \in [/mm] N$" umdrehen darf. Das muesste doch dann im Prinzip auch erst irgendwie bewiesen werden.
Kann mir da vielleicht jemand ein paar Tipps geben? Gibt es allgemein eine Anleitung zum Fuehren von Beweisen (Internet/Buch)?
Danke und viele Gruesse,
Michael
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(Antwort) fertig | Datum: | 12:42 Mo 19.07.2004 | Autor: | Julius |
Lieber Michael!
Ja, das ist schwierig und da muss man ein Gefühl für bekommen.
Du wolltest also die Identität
$M [mm] \cup [/mm] N = N [mm] \cup [/mm] M$
beweisen.
Die Gleichheit von Mengen zeigt man am besten dadurch, dass man zeigt, dass die eine Menge in der anderen enthalten ist und umgekehrt. Dazu nimmt man erst ein Element aus der einen Menge und schreibt sich die Bedingung dafür hin, dass es in der Menge drin liegt. Dann überlegt man sich: Welche Bedingung muss (nach Definition) gelten, damit es auch in der anderen Menge drin liegt? Und dann versucht man durch logische Umformungen die eine Bedingung aus der anderen herzuleiten.
Meist erfolgen diese Umformungen auf der sprachlich-logischen Metaebene (d.h. die Ebene, wo die mathematischen Symbole durch sprachlich-logische Ausdrücke wie "und" oder "oder" ersetzt sind).
In diesem Beispiel nimmt man sich also ein $x [mm] \in [/mm] M [mm] \cup [/mm] N$ und übersetzt sich die Bedingung $x [mm] \in [/mm] M [mm] \cup [/mm] N$ in die "sprachliche Bedingung":
$x [mm] \in [/mm] M$ oder $x [mm] \in [/mm] N$.
Die beiden Ausdrücke [mm] $x\in [/mm] M$ und $y [mm] \in [/mm] M$ sind jetzt in der Metaebene miteinander verbunden, durch das Wort "oder". Nun weiß man aber aus der Aussagenlogik, dass die Konjunktion "oder" symmetrisch ist, sprich: Aus "$A$ oder $B$" folgt "$B$ oder $A$" (und umgekehrt). Die Gesetze der Aussagenlogik darf man (in diesem Stadium) bedenkenlos anwenden. Also folgt aus
$x [mm] \in [/mm] M$ oder $x [mm] \in [/mm] N$
rein aussagenlogisch:
$x [mm] \in [/mm] N$ oder $x [mm] \in [/mm] M$,
und das rückübersetzt bedeutet:
$x [mm] \in [/mm] N [mm] \cup [/mm] M$.
Nun könnte man das ganze auch umgekehrt machen, sich also ein $x [mm] \in [/mm] N [mm] \cup [/mm] M$ nehmen und zeigen, dass es auch in $M [mm] \cup [/mm] N$ liegt. Man sieht aber, dass alle logischen Umformungen vorher Äquivalenzumformungen waren. Daher braucht man die Umkehrrichtung nicht noch einmal getrennt zu zeigen, sondern kann alles direkt als Äquivalenz formulieren.
Wichtig also:
Entweder schon bewiesene Sachen ausnutzen oder aber die mathematischen Ausdrücke auf die Definitionen der sprachlichen Metaebene runterbeamen und dann aussagenlogisch argumentieren.
Das war etwas populärwissenschaftlich und nicht ganz korrekt ausgedrückt. Ich denke aber, dass es dir so am meisten hilft.
Liebe Grüße
Julius
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 15:58 Mo 19.07.2004 | Autor: | michael7 |
Hallo Julius,
vielen Dank fuer die genaue Beschreibung! Braucht wohl einfach etwas Zeit, bis man sich an die Denkweise gewoehnt hat.
Viele Gruesse,
Michael
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