Integral berechnen < komplex < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
|
Hallo, kann mir jemand einen Tipp geben, wie ich [mm] \integral_{-\infty}^{\infty}{\frac{x^2}{x^4+6x^2+13} dx} [/mm] berechnen kann? Weiss nicht, wie ich anfangen soll.
Lg
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 18:31 Mi 16.05.2012 | Autor: | Infinit |
Hallo Schachtel5,
so etwas sollte mit Hilfe des Residuensatzes lösbar sein, wobei man dann allerdings den Integrationsweg noch schließen muss.
Mit sechs Arbeitsschritten müsstest Du weiterkommen (Ja, das ist Arbeit):
1. Schritt: Drücke das reelle Integral durch ein komplexes aus, das geht hier gut wegen des reellen Integranden.
2. Schritt: Schreibe das uneigentliche Integral als Grenzwert eines eigentlichen Integrals, zum Beispiel mit einem [mm] R \rightarrow \infty [/mm].
3. Schritt: Ergänze das Integral zu einem Integral über eine geschlossene Kurve, das geht hier wohl am einfachsten über einen Halbkreis in der oberen z-Ebene.
4. Schritt: Berechne dieses Integrals mit Hilfe des Residuensatzes und achte auf die vom Integrationsweg eingeschlossenen Singularitäten.
5. Schritt: Prüfe nach, dass das Integral über den Halbkreis für [mm] R \rightarrow \infty [/mm] gegen Null strebt. Hierzu kann man meist eine Abschätzung vornehmen, indem man mit einem festen R arbeitet und einen Winkel [mm] \varphi [/mm] von 0 bis Pi laufen lässt.
6. Schritt: Ziehe vom Integralergebnis, das Du mit Hilfe des Residuensatzes bestimmt hast, den Integralwert über den oberen Halbkreis ab (meist ist dies eine Null). Damit hast Du Dein Resultat für das ursprünglich gesuchte Integral.
Viel Spaß beim Rechnen wünscht
Infinit
|
|
|
|
|
Hallo, danke für deine Antwort, ist ja total das Kochrezept. Ich verstehe aber erlich gesagt nicht ganz, wieso es auchreicht, über den Halbkreis zu integrieren, auch wenn in der anderen Kreishälfte auch noch Singularitäten liegen können? ähnlich wie dein Verfahren macht man das wohl auch hier, das anscheinend nicht ganz so aufwendig zu berechnende Integral:
[mm] \integral_{-\infty}^{\infty}{\frac{1}{1+x^2} dx} [/mm] (soll gleich [mm] \pi [/mm] sein)
Die Singularitäten sind bei -i und i, es wurde aber nur i betrachtet.
Die Rechnung: | [mm] \integral_{-R}^{R}{\frac{1}{1+x^2} dx}| \le \integral_{-R}^{R}|{\frac{1}{1+x^2}| dx} \le \integral_{}^{}{\frac{1}{| 1-R^2| } dx}\le \frac{1}{| 1-R^2| }\integral_{}^{}{1dx}=\frac{\pi*R}{R^2-1}->0 [/mm] für [mm] R->\infty
[/mm]
Deshalb ist [mm] \integral_{|z-i|=\epsilon}^{}{\frac{1}{1+x^2} dx} =2\pi*iRes(\frac{1}{1+x^2};i)=\frac{2\pi*i}{2i}=\pi, \epsilon>0
[/mm]
Ich kann die Rechnung nicht ganz nachvollziehen. Hier wurde auch nur über den oberen Halbkreis integriert, aber was wurde bei der dritten Abschätzung gemacht? Und wieso interessier hier auch nur die Singularität i und nicht auch -i?Lg.
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 09:11 Fr 18.05.2012 | Autor: | fred97 |
> Hallo, danke für deine Antwort, ist ja total das
> Kochrezept. Ich verstehe aber erlich gesagt nicht ganz,
> wieso es auchreicht, über den Halbkreis zu integrieren,
> auch wenn in der anderen Kreishälfte auch noch
> Singularitäten liegen können? ähnlich wie dein Verfahren
> macht man das wohl auch hier, das anscheinend nicht ganz so
> aufwendig zu berechnende Integral:
> [mm]\integral_{-\infty}^{\infty}{\frac{1}{1+x^2} dx}[/mm] (soll
> gleich [mm]\pi[/mm] sein)
> Die Singularitäten sind bei -i und i, es wurde aber nur i
> betrachtet.
> Die Rechnung: | [mm]\integral_{-R}^{R}{\frac{1}{1+x^2} dx}| \le \integral_{-R}^{R}|{\frac{1}{1+x^2}| dx} \le \integral_{}^{}{\frac{1}{| 1-R^2| } dx}\le \frac{1}{| 1-R^2| }\integral_{}^{}{1dx}=\frac{\pi*R}{R^2-1}->0[/mm]
> für [mm]R->\infty[/mm]
Das ist doch völliger Unsinn ! Das zweite " [mm] \le [/mm] " ist völlig falsch und was anschließend kommt ist Murks.
FRED
> Deshalb ist [mm]\integral_{|z-i|=\epsilon}^{}{\frac{1}{1+x^2} dx} =2\pi*iRes(\frac{1}{1+x^2};i)=\frac{2\pi*i}{2i}=\pi, \epsilon>0[/mm]
>
> Ich kann die Rechnung nicht ganz nachvollziehen. Hier wurde
> auch nur über den oberen Halbkreis integriert, aber was
> wurde bei der dritten Abschätzung gemacht? Und wieso
> interessier hier auch nur die Singularität i und nicht
> auch -i?Lg.
|
|
|
|
|
Es reicht deshalb aus, über den Halbkreis zu integrieren, weil es zum Ziel führt. Du kannst natürlich auch über irgendeine andere Kurve integrieren. Aber was nutzt es dir, wenn dabei das zu berechnende Integral nicht auftritt und die anderen Integrale nicht einfach zu berechnen sind oder beim Grenzübergang nicht verschwinden?
Für rationale Funktionen [mm]f(x)[/mm] ohne Pole auf der reellen Achse gilt, sofern das Integral konvergiert:
[mm]\int_{- \infty}^{\infty} f(x) ~ \mathrm{d} x = 2 \pi \operatorname{i} \sum_{\nu} a_{\nu}[/mm]
In der Formel erstreckt sich die Summe über die Residuen [mm]a_{\nu}[/mm] sämtlicher Pole von [mm]f(z)[/mm] in der oberen Halbebene. Dies ist ein allgemein gültiges Ergebnis und braucht nicht jedes Mal erneut hergeleitet zu werden.
Kurzum: Du brauchst nur die Pole deiner Funktion [mm]f(z)[/mm] in der oberen Halbebene und ihre Residuen zu berechnen. Und hier ist es am besten, nicht gleich mit konkreten Werten zu rechnen. Der Nenner des Funktionsterms ist ein in [mm]z^2[/mm] quadratisches Polynom mit reellen Koeffizienten. Es besitzt keine reellen Nullstellen, wie etwa die Berechnung der Diskriminante zeigt. Mit einer Nullstelle ist also auch ihr konjugiert Komplexes eine Nullstelle. Und weil das Polynom gerade ist, ist auch das Negative einer Nullstelle eine Nullstelle. Damit muß in jedem Quadranten des Koordinatensystems eine Nullstelle liegen. Ist [mm]\omega[/mm] die Nullstelle im ersten Quadranten, also mit positivem Real- und Imaginärteil, so sind [mm]- \bar{\omega}, - \omega, \bar{\omega}[/mm] die Nullstellen im zweiten, dritten und vierten Quadranten. Anders gesagt: Die vier Nullstellen sind die Ecken eines achsenparallelen Rechtecks, dessen Mittelpunkt im Ursprung liegt. Mache dir eine Skizze. Damit kann man
[mm]f(z) = \frac{z^2}{(z - \omega)(z + \bar{\omega})(z + \omega)(z - \bar{\omega})}[/mm]
ansetzen. Es sind nun die Residuen von [mm]\omega[/mm] und [mm]- \bar{\omega}[/mm] zu berechnen. Denn das sind die Pole in der oberen Halbebene. Zur Berechnung des Residuums bei [mm]\omega[/mm] gruppiert man um:
[mm]f(z) = \frac{1}{z - \omega} \cdot \underbrace{\frac{z^2}{(z + \bar{\omega})(z + \omega)(z - \bar{\omega})}}_{g(z)}[/mm]
Der zweite Faktor [mm]g(z)[/mm] ist holomorph bei [mm]z = \omega[/mm]. Die Potenzreihe von [mm]g(z)[/mm] um [mm]\omega[/mm] beginnt also mit [mm]g(\omega)[/mm]. Und damit ist das der Koeffizient von [mm]\frac{1}{z - \omega}[/mm] in der Laurent-Entwicklung von [mm]f(z)[/mm] um [mm]\omega[/mm] und somit das gesuchte Residuum:
[mm]g(\omega) = \frac{\omega^2}{(\omega + \bar{\omega})(\omega + \omega)(\omega - \bar{\omega})} = \frac{\omega}{2 (\omega + \bar{\omega})(\omega - \bar{\omega})}[/mm]
Analog berechnet man das Residuum von [mm]- \bar{\omega}[/mm]. Mit dem Residuensatz erhält man schließlich
[mm]\int_{- \infty}^{\infty} \frac{x^2}{x^4 + 6x^2 + 13} ~ \mathrm{d} x = 2 \pi \operatorname{i} \cdot \frac{1}{2 ( \omega - \bar{\omega})} = 2 \pi \operatorname{i} \cdot \frac{1}{4 \operatorname{i} \cdot \operatorname{Im}(\omega)} = \frac{\pi}{2 \cdot \operatorname{Im}(\omega)}[/mm]
Jetzt führe die fehlenden Schritte noch aus und berechne den Integralwert. Ich habe [mm]\frac{\pi}{4} \cdot \sqrt{2 \sqrt{13} - 6}[/mm] erhalten.
|
|
|
|