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(Frage) beantwortet | Datum: | 11:47 So 04.03.2018 | Autor: | Takota |
Hallo,
immer wieder höre, bzw., lese ich von Beweisen, die konstruktiv geführt werden. Was versteht man darunter? Was ist der Unterschied zu den anderen Beweismethoden (Direkter-, Indirekter Beweis etc.) ? Was wird hier konstruiert? Warum ist so ein Beweis gültig?
Beispiel: Laut Autor könnte der Beweis mit vollständiger Induktion geführt werden, aber der Beweis ist abstrakt und führt deshalb denn Beweis konstruktiv durch - was meint er damit? Ist das dann noch überhaupt ein Beweis?
Könnt ihr mich dazu, vielleicht mit einem kleinen Beispiel, aufklären?
LG
Taktoa
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Du kannst mit v.I. beweisen, dass [mm] \summe_{i=1}^n [/mm] i = n(n+1)/2 ist. Die Frage ist, wie man auf den rechten Ausdruck gekommen ist. Das Ergebnis bei v.I. muss dir also schon bekannt sein.
Bei einem konstruktiven Beweis konstruierst du das Ergebnis:
s = 1+ 2 + 3 +... +n nochmal rückwärts:
s = n+ (n-1)+(n-2)+ ...+1 Gliedweise addiert:
-----------------------------
2s = (n+1)+(n+1)+(n+1)+...(n+1) =n*(n+1)
s = n(n+1)/2
Ebenso für die geometrische Reihe mit [mm] q\ne [/mm] 1:
s = a + aq + [mm] aq^2 [/mm] + [mm] aq^3 [/mm] + ... + [mm] aq^n [/mm] mal q:
qs = aq + [mm] aq^2 [/mm] + [mm] aq^3 [/mm] + ... + [mm] aq^n [/mm] + [mm] aq^{n+1} [/mm] diesmal subtrahiert:
--------------------------------------------------------
[mm] s-qs=s(1-q)=a-aq^{n+1}=a(1-q^{n+1})
[/mm]
somit [mm] s=a(1-q^{n+1})/(1-q)
[/mm]
Wie man allerdings darauf kommt, im ersten Fall die Reihe nochmals rückwärts zu schreiben und im zweiten Fall mit q malzunehmen, musst du den kleinen Gauss oder sonstwen fragen, das ist eben das Talent, das man im Laufe seiner mathematischen Karriere entwickeln muss oder schon in die Wiege gelegt bekommt...
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> Du kannst mit v.I. beweisen, dass [mm]\summe_{i=1}^n[/mm] i =
> n(n+1)/2 ist. Die Frage ist, wie man auf den rechten
> Ausdruck gekommen ist. Das Ergebnis bei v.I. muss dir also
> schon bekannt sein.
Hallo HJK,
um auf den Term [mm] $\frac{n*(n-1)}{2}$ [/mm] für diese Summe (als Vermutung)
zu kommen, braucht man nicht unbedingt die Idee mit der
in umgekehrter Reihenfolge notierten Summe.
Eine kleine Wertetabelle und etwas Kopfrechnen reicht aus.
Und etwas Intuition ist doch auch in der konstruktiven
Mathematik erlaubt, oder ?
Der anschließende Beweis mittels vollständiger Induktion
ist nach meiner Auffassung durchaus konstruktiv.
Oder gehört das Axiom der vollständigen Induktion schon
gar nicht mehr zur "konstruktiven Mathematik" ? Gibt es
in der konstruktiven Mathematik die Menge der natürlichen
Zahlen gar nicht ?
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, dass in der Frage eine
Diskrepanz zwischen "konstruktivem Beweis" und einem
"Beweis unter Zuhilfenahme der Methode der vollständigen
Induktion" suggeriert wird.
LG , Al-Chw.
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Hallo Al,
natürlich ist die v.I. beweistechnisch gleichwertig mit einem sog. "konstruktiven" Beweis. Aber - wie schon gesagt - hast du bei der v.I. normaler Weise bereits die fertige Aussage, wobei du bei einem konstruktiven Beweis etwas konstruieren sollst.
Beispiel:
Die Lösungen der quadratischen Funktion
[mm] x^2+px+q=0
[/mm]
lauten [mm] x_1=-p/2-\wurzel{p^2/4-q} [/mm] und [mm] x_2=-p/2+\wurzel{p^2/4-q}
[/mm]
Beweis nach Vieta:
[mm] (x+p/2+\wurzel{p^2/4-q})(x+p/2-\wurzel{p^2/4-q})=(x+p/2)^2-(\wurzel{p^2/4-q})^2=x^2+px+p^2/4-p^2/4+q=x^2+px+0=0 [/mm] hat genau diese Nullstellen.
Das wäre der Beweis, er ist auch eine Konstruktion, man muss auch die Idee haben, den Satz von Vieta bzw. der Linearzerlegung anzuwenden.
Damit habe ich auch die Aufgabe vollständig erfüllt, nämlich den Satz bewiesen.
Für mich ist der Beweis nicht konstruktiv, weil er mir nicht sagt, wie man darauf gekommen ist, dass die Lösungen der Gleichung so lauten.
Ja, die Summe der ungeraden Zahlen gibt der Reihe nach die Quadratzahlen, Beweis durch v.I., aber wieso?
x
xx
ox (3 dazu)
xxx
oox
00x (5 dazu)
xxxx
ooox
ooox
ooox (7 dazu)
...
entspricht letztlich der v.I., zeigt aber die Idee.
und das ist konstruktiv.
Wo die v.I. z.B. "völlig konstruktiv" ist, ist der Beweis zur Mächtigkeit der Potenzmenge. Vergrößert sich die Ausgangsmenge um ein Element, so bildet man alle bisherigen Untermengen (also alle ohne das neue Element) und packt dann das neue Element nochmals in jede Menge hinein.
v.I. und Beweis durch Kontruktion sind somit mehr Überlappungen und keine Gegensätze, so wie v.I und indirekter Beweis ja auch keine Gegensätze sind.
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(Frage) beantwortet | Datum: | 22:46 So 04.03.2018 | Autor: | Takota |
Hallo HJKweseleit,
danke für die Rückmeldung. Ist ein konstruktiver Beweis auch gleichzeitig ein direkter Beweis? Wie wird mit einem konstruktiven Beweis die Richtigkeit einer Aussage argumentiert? Welche Logik steckt hinter solchen Beweisen?
Bis jetzt habe ich gelernt, das man mit einem konstr. Beweis zeigt wie man auf die Lösung, bzw. Formel kommt. Aber was versteht dabei unter konstruieren?
Sagt man zu einem konstruktiven Beweis auch Herleitung?
LG
Takota
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Hallo,
> Ist ein konstruktiver Beweis
> auch gleichzeitig ein direkter Beweis?
Na ja, in der Regel wird es darauf hinauslaufen, aber HJKweseleit hat oben ein sehr prominentes Beispiel für einen konstruktiven Beweis mittels Vollständiger Induktion gegeben.
Ich denke schon, dass die Frage konstruktiv oder nicht-konstruktiv zunächst einmal nichts mit Beweismethoden zu tun hat (außer natürlich mit der Tatsache, dass ein indirekter Beweis vom Prinzip her nicht-konstruktiv ist).
> Wie wird mit einem
> konstruktiven Beweis die Richtigkeit einer Aussage
> argumentiert? Welche Logik steckt hinter solchen Beweisen?
Die Frage ist m.M. nach unverständlich. Schaue dir mal die Wikipedia-Seite zum Thema an (auch wenn sie gerade offensichtlich auf Qualitätsprobleme hin überprüft wird). Es ist ganz einfach: du willst etwas beweisen und wenn das Resultat deiner Bemühungen direkt der zu beweisende Sachverhalt ist, dann war der Beweis konstruktiv. Wenn man aber erst noch irgendwelche Schlussfolgerungen braucht, um vom Resultat des eigentlichen Beweises zur Wahrheit der Aussage zu kommen, dann war er nicht-konstruktiv. Das Beispiel auf der Wiki-Seite, wo der gleiche einfache Sachverhalt einmal konstruktiv und einmal nicht-Konstruktiv bewiesen wird, ist doch eigentlich recht anschaulich.
> Bis jetzt habe ich gelernt, das man mit einem konstr.
> Beweis zeigt wie man auf die Lösung, bzw. Formel kommt.
> Aber was versteht dabei unter konstruieren?
> Sagt man zu einem konstruktiven Beweis auch Herleitung?
>
Ich würde sagen, dass man das Wort Herleitung für jeden Beweis gebrauchen kann.
Gruß, Diophant
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