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Messunsicherheit / Abweichung: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 11:41 Fr 04.06.2010
Autor: BenWillis

Hallo zusammen.

Ich möchte den Tastgrad eines Rechtecksignals berechnen.
Der Tastgrad ist  [mm] D=\bruch{TB}{TT}, [/mm] wobei TB die Dauer des Pulses (Pulsbreite) ist und TT die Periodendauer. Da ich die Messung digital mache, messe ich die Zeiten mittels Zählen von Pulsen einer Referenzfrequenz. Daher berechne ich den Tastgrad aus dem Verhältnis der Zählerstände von Pulsbreite und Periodendauer [mm] D=\bruch{NB}{NT} [/mm] .
Die Messunsicherheit (Worst-Case-Betrachtung: maximalen Einzelabweichungen
betragsmäßig addiert) ergibt sich über partielle Ableitung zu : [mm] \bruch{Ud}{D}= \bruch{1}{NT} [/mm] + [mm] \bruch{1}{NT*D} [/mm] .
Wenn der Tastgrad D sehr klein wird, also nur wenige Pulse der Referenzfrequenz innerhalb der Pulsbreite gezählt werden, wird mein Messergebnise sehr ungenau.

So weit so gut.
Meine Überlegung ist jetzt folgende:
Um auch kleine Tastgrade mit geringer Messunsicherheit messen zu können will ich statt des Tastgrades das Verhältnis aus Pulspause zu Periodendauer bestimmen, da ich die Pulspause bei einem kleinen Tastgrad wieder recht genau bestimmen kann.
Da die Summe aus Tastgrad und Verhältnis aus Pulspause zu Periodendauer immer 1 ist, kann ich den Tastgrad problemlos über den Zusammenhang  D = 1 - D' berechnen, wobei  D' das Verhältnis aus Pulspause und Periodendauer ist.
Die Messunsicherheit für D' ist analog zum Tastgrad [mm] \bruch{Ud'}{D'}= \bruch{1}{NT} [/mm] + [mm] \bruch{1}{NT*D'} [/mm] .
Mein konkretes Problem ist jetzt folgendes:
Wenn ich D' mit einer beipspielhaften Messunsicherheit von 1% messen kann ist für meine Begriffe die Messunsicherheit für den Tastgrad D ebenfalls 1%. Ich ziehe ja einfach nur von 1(Konstante) D' ab.
Nun sagte man mir aber, dass wenn ich bei der Bestimmung von D den Umweg über D' mache, ich für die Messunsicherheit von D den Zusammenhang D = 1- D' ableiten muss etc..
Auf diese Weise komme ich aber auf keinen grünen Zweig und, was ich viel schlimmer finde, mir dafür das Verständnis fehlt.
Ich verstehe nicht, wenn ich D' mit Unsicherheit 1% berechnen kann, warum D dann nicht die gleiche Unsicherheit haben soll??

Ich hoffe, ich habe mich einigermaßen verständlich ausgedrückt!?

Viele Grüße
BenWillis

P.S.: Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.


        
Bezug
Messunsicherheit / Abweichung: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 15:01 Fr 04.06.2010
Autor: Event_Horizon

Hallo!



Zunächst einmal, wie genau kommst du auf diese Formel?

$ [mm] \bruch{Ud}{D}= \bruch{1}{NT} [/mm] $ + $ [mm] \bruch{1}{NT\cdot{}D} [/mm] $ .

Ich schreibe es auch formell mal etwas besser auf:

[mm] D=\frac{N_B}{N_T} [/mm]

Ableitungen:

[mm] \frac{dD}{dN_B}=\frac{1}{N_T} [/mm]

[mm] \frac{dD}{dN_T}=-\frac{N_B}{N_T^2} [/mm]

woraus sich die maximale Unsicherheit ergibt:


[mm] $\Delta [/mm] D= [mm] \left|\frac{1}{N_T}*\Delta N_B\right|+\left|-\frac{N_B}{N_T^2}*\Delta N_T \right| [/mm] .  $

und relativ:

[mm] $\frac{\Delta D}{D}= \left|\frac{1}{N_B}*\Delta N_B\right|+\left|-\frac{1}{N_T}*\Delta N_T \right| [/mm] .  $


Hieran siehst du zwei Dinge: Erstmal verringerst du den Fehler durch eine höhere Referenzfrequenz (rechter Teil), und dann wird der relative Fehler bei kleinem Tastgrad  auch groß (linker Teil), wie du bereits gesagt hast. Der absolute Fehler ist aber NICHT in diesem Sinne von dem Tastgrad abhängig (außer über die Gesamtpulse)

Und das ist erstmal der Punkt, warum es dir nichts bringt, statt der Pulsdauer die Pulspause zu bestimmen. Der relative Fehler wird schön klein, das ist aber nur Kosmetik, denn der absolute Fehler wird genauso groß sein.

Angenommen, du hast von [mm] 1000\pm0 [/mm] Referenzpulsen [mm] 990\pm2 [/mm] als Pause gezählt, so  ist das ein prima Resultat: Du hast ne Pause, deren Unsicherheit im Bereich von 0.2% liegt!
Mit einem zweiten Zähler hättest du parallel zu der Messung auch die Pulsdauer messen können, da hättest du [mm] 10\pm2 [/mm] gezählt.
Es ist klar, daß dein absoluter Fehler der gleiche sein sollte, weil wie gesagt D=1-D'. Allerdings ist dein relativer Fehler mit 20% nun immens groß.

Dein
Wenn ich D' mit einer beipspielhaften Messunsicherheit von 1% messen kann ist für meine Begriffe die Messunsicherheit für den Tastgrad D ebenfalls 1%. Ich ziehe ja einfach nur von 1(Konstante) D' ab.
ist also falsch.


Die Sache, daß du  D = 1- D' für den Fehler ableiten mußt, ist zwar korrekt, aber da steckt keine Magie hinter. Statt der Größe D, die du haben willst, misst du die Größe D', und daher muß man den Fehler umrechnen.

Das "1-"  fällt beim Ableiten völlig raus, sodaß du


[mm] $\Delta [/mm] D= [mm] \Delta D'=\left|\frac{1}{N_T}*\Delta N_P\right|+\left|-\frac{N_P}{N_T^2}*\Delta N_T \right| [/mm] .  $

bekommst.

Du siehst, es macht keinen Unterschied, ob du den Fehler deiner Pulsbreite [mm] $\Delta N_B$ [/mm] oder Pause [mm] $\Delta N_P$ [/mm] betrachtest, der absolute Fehler bleibt gleich, wie in dem Beispiel oben.





Die weitere Frage wäre, was deine eigentliche Fehlerquelle ist. hat dein Signal einen Jitter, also leichte Schwankungen in den Pulsbreiten? Dann ist das eine Eigenschaft des Signals, und du kannst durch genügend Statistik zwar den Fehler des Mittelwertes klein machen, kannst aber nichts daran ändern, daß das Signal um 20% drumherum schwankt.

Oder ist dein Referenzsignal einfach zulangsam? Das gibt Disktretisierungsfehler (letztendlich der zweite Term in den Fehlerformeln).


Generell würde ich übrigens unabhängig von der Signalperiodendauer zählen lassen, meinetwegen über 100 Perioden oder mehr, das erhöht die Präzision durch Statistik sehr gut, und ist auch in gewissen Grenzen von der tatsächlichen Periodendauer unabhängig.





Bezug
                
Bezug
Messunsicherheit / Abweichung: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 12:17 Sa 05.06.2010
Autor: BenWillis

Hi,

vielen Dank für Deine Antwort.
Sie hat mir die Augen geöffnet.

Meine Gleichung zur Unsicherheit war falsch. Habe ich vollkommen übersehen.
Die absoluten Unsicherheiten der Zählerstände hatte ich jeweils gleich Eins gesetzt, da die Zählerstände maximal $ [mm] \pm1 [/mm] $ abweichen.

Das die relativen Messunsicherheiten sich unterscheiden und ich sie nicht einfach gleichsetzen kann, ist mir jetzt endlich klar. Danke!

Mein Referenzsignal ist auf maximal 16Mhz begrenzt, da kann ich nichts dran machen. Die Frequenz meines Signals ist maximal 120kHz.


> Generell würde ich übrigens unabhängig von der
> Signalperiodendauer zählen lassen, meinetwegen über 100
> Perioden oder mehr, das erhöht die Präzision durch
> Statistik sehr gut, und ist auch in gewissen Grenzen von
> der tatsächlichen Periodendauer unabhängig.

Das hört sich interessant an, ist mir aber noch nicht ganz klar.
Meinst Du damit, ich soll die Pulse während EINER Pulsdauer zählen und die Pulse von VIELEN Perioden und dann den Tastgrad über $ [mm] D=\frac{N_B}{N_T}\cdot{x} [/mm] $ berechenen? So würde die absolute Unsicherheit gleichbleiben und in der relativen Unsicherheit der 2.Summand um den Faktor $ x $ kleiner werden. Aber das hat ja keinen Einfluss auf den ersten Summanden und hilft bei kleinem Tastgrad nicht viel weiter.
Oder wie meinst Du das?

Vielen Dank für Deine Hilfe.

Gruß,
BenWillis


Bezug
                        
Bezug
Messunsicherheit / Abweichung: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 14:18 Sa 05.06.2010
Autor: Event_Horizon

Hallo!

In einem Praktikumsversuch bei uns muß man die Periodendauer eines schwingenden Pendels bestimmen.

Die Fehlerquellen sind das ungenaue Bedienen der Stoppuhr per Hand, was sicher ne viertel bis halbe Sekunde Fehler ergibt. Und dazu kommt noch die Ungenauigkeit beim Erkennen der Pendelposition mit dem Auge.

Die Auswirkungen davon kann man nun auf 1/10 reduzieren, indem man 10 Schwingungen mißt, und die Zeit entsprechend durch 10 teilt - der Fehler für die einzelne Schwingung beträgt dann auch nur noch 1/10.



Sowas ähnliches schwebt mir bei dir auch vor. Statt einer Periode könntest du 100 Perioden lang messen. Wenn der Fehler statistisch verteilt auftritt, kannst du ihn so ziemlich ausmerzen.

Du kannst damit die Präzision in gewisser Weise sogar über deine Referenztaktlänge hinaus erhöhen:

Wenn du deine Pulslänge zu 9 Takten bestimmst, könnte dank des Fehlers die wahre Pulslänge auch bei 8 oder 10 liegen.

Wenn du aber über 100 Periodendauern mißt und dabei insgesamt 975 Takte zählst (also 975 mal wurde das Signal auf dem HIGH-pegel gemessen), so bekommst du als Pulsläge 9,75 heraus.

Letztendlich mittelst du also über 100 Periodendauern.


Natürlich ist auch das mit Fehlern behaftet, vor allem statistischer Natur. Aber es sollte einleuchten, daß diese Methode schonmal genauer ist, als das Ausmessen einer einzelnen Periode.

Ich weiß ja nicht, was du da genau treibst - aber ein 32Bit-Zäher geht bis 4,7Mrd. Damit läßt sich schon was anfangen.

Der Witz ist, daß bei genügend vielen Periodendauern die exakte Anzahl der perioden egal ist. Eine mehr oder weniger spielt keine Rolle.

Also einfaches Beispiel:
Signal: 160KHz
Referenz: 16MHz
1 Sekunde messen heißt also 160.000 Perioden!

Und jede Periode wird mit 100 referenzTakten abgetastet.

Wenn der Duty Cycle jetzt 5% beträgt, das Signal also in 5% der Zeit auf HIGH liegt, wirst du pro Periode also 5 Referenztakte zählen, pro Sekunde also 800.000.
[mm] $\frac{800.000}{16.000.000}=0.05=5\%$ [/mm]

Statt 160KHz nimmst du nun 320KHz, verdoppelst also die Signalfrequenz, behälst aber die 5% Duty Cyle bei. Das Abtasten jeder Periode liefert dir nun mal 2 und mal 3 Takte während der HIGH-zeit.
Da jede periode nun mit 50 Takten abgetastet wird, bekommst du zu gleichen Teilen [mm] \frac{2}{50}=4\% [/mm] oder [mm] \frac{3}{50}=6\% [/mm]  als Duty Cycle bekommen.


Aber da du ja nun 320.000 Perioden pro Sekunde abtastest, wirst du also etwa  160.000 mal 2 und 160.000 mal 3 Takte zählen, zusammen also 800.000.

[mm] $\frac{800.000}{16.000.000}=0.05=5\%$ [/mm]

Dein Zähler mißt also immer nur 800.000 und teilt die durch die Gesamtreferenztakte von 16.000.000. Die Frequenz deines Signals taucht in der Rechnung gar nicht mehr auf.



Das verbessert also nicht nur deine Präzision, sondern erleichtert auch die Technik, da du auf das Timing und die Frequenz des Signals nicht mehr achten mußt.



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