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Moderne und Postmoderne: Definition und Inhalt
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 18:44 So 03.04.2005
Autor: baerchen

Hallo Ihr,

ich möchte mich über die literarische Moderne und Postmoderne informieren, finde aber auf meiner Suche zur Moderne viel geschichtliches, künstlerisches usw. und bei der Postmoderne schwierig zu verstehendes.

Ich verstehe unter der literarischen Moderne die Zeit von 1945 (Nachkriegsliteratur) bis heute. In Romanen sind es Geschichten, die wirklich sein könnten.
Die Postmoderne ist für mich ein Phänomen, dass ab 1980 auftrat. Sie ist definiert durch ihre unterschiedlichen Arten, die auf einmal Auftreten: Kriminal-, Liebes-, Phantastischer-, Biographiescher- usw.

Das ist alles so schwammig. Weiß jemand eine Seite, ein Buch wo ich näheres finde?

Über eine Antwort würde ich mich freuen :)

Liebe Grüße
Bärchen

        
Bezug
Moderne und Postmoderne: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 08:00 Mo 04.04.2005
Autor: Josef

Hallo baerchen,

vielleicht kann ich dir etwas weiterhelfen mit folgender Ausführung:

Postmoderne
1  EINLEITUNG

Postmoderne, Ende der fünfziger Jahre geprägter unscharfer Begriff der Kultur- und Kunsttheorie, der eine Distanzierung zeitgenössischer Künstler von den ästhetischen Verfahren der Moderne beinhaltet.

Die Postmoderne lehnt das Innovationsstreben der Moderne ab und diffamiert dieses selbst als automatisiert und etabliert. Andererseits wird mit der Forderung einer prinzipiellen Offenheit des Kunstwerkes auf die Moderne Bezug genommen. Charakteristisches Element der Postmoderne ist ein extremer Stilpluralismus, der – etwa in der Architektur – oftmals in einer Anhäufung von Zitaten verschiedenster Kunstperioden kulminiert. Der Grundsatz, dass in Literatur, Film, Architektur und bildender Kunst nichts Neues mehr zu schaffen sei (eine Position, die freilich schon Thomas Mann vertrat), führt hier zum spielerischen Umgang mit vorhandenem Material. Die anscheinende „Rückbesinnung” auf Geschichte und Traditionen aber erweist sich als Versuch, die überlieferten Verfahrensweisen zu einem neuen Ganzen zu collagieren. Dabei werden Grenzen zwischen Kitsch und Kunst, Massenkultur und elitärer Kunstauffassung bewusst verwischt (herausragendes Beispiel hierfür ist etwa der Künstler Jeff Koons). Synonyme zu Postmoderne sind Transavantgarde und Spätmoderne, wobei der letztere Begriff die krasse Antithese zwischen Postmoderne und Moderne mildert. Ihr pluralistisches Selbstverständnis hat der Postmoderne des Öfteren den Vorwurf der Beliebigkeit eingebracht.

2  POSTMODERNE LITERATUR

Bereits in Finnegans Wake (1939) von James Joyce ist der spätmodernistische Versuch einer unendlichen Reflexion vorhandenen Literaturmaterials in einer gleichsam babylonischen Universalsprache spürbar. Ein weiterer Wegbereiter der literarischen Postmoderne war der Argentinier Jorge Luis Borges. Mit seinen Büchern schuf er ein enzyklopädisches Textuniversum, in dem eigener Text mit Fremdtext korrespondiert. Dieses intertextuelle Spiel kommt am eindrucksvollsten in Borges’ Erzählung Die Bibliothek von Babel (1944) zum Ausdruck, die das postmoderne Verfahren im Bild einer unendlichen, letztlich rational nicht mehr fassbaren Bücherei imaginiert. In Italien folgte Italo Calvino dieser Tradition. Ein wichtiger früher Vertreter postmoderner Erzählkunst ist Thomas Pynchon, der bereits in den frühen Texten des Spätzünder-Bandes selbst die ironische Kritik an einer Professionalisierung postmoderner Rezeption („Rat das Zitat”) in die literarische Strategie miteinbezieht. In Deutschland formuliert die Komödie Kaldewey, Farce von Botho Strauß 1982 das Programm der Postmoderne und integriert damit einen theoretischen Überbau ins (Theater-)Spiel: „Diese Zeit, die sammelt viele Zeiten ein”. Weitere deutschsprachige Vertreter sind Peter Handke und Christoph Ransmayer. In den USA sind William Burroughs, Kurt Vonnegut, Robert Lowell Coover, John Fowles oder Paul Auster, in Lateinamerika Julio Cortázar und Mario Vagas Llosa der Postmoderne zuzurechnen. In Frankreich initiierte der Nouveau roman mit seiner Betonung des Künstlichen der Kunst eine postmoderne Literaturtradition. Alain Robbe-Grillets Spiel mit bestimmten Gattungsmustern (Kriminal-, Detektiv- und Liebesroman) ist ein hervorstechendes Merkmal der Postmoderne – es wurde etwa von Vladimir Nabokov vorweggenommen. Der Borges-Verehrer Umberto Eco legte mit seinem Bestseller Der Name der Rose einen mittelalterlichen Kriminalroman vor, der postmoderne und semiotische Theorie zu einem literarischen Konglomerat verknüpft. Weitere Beispiele für postmodernes Schreiben sind Salman Rushdies Midnight’s Children (1981, Mitternachtskinder), Doris Lessings Canopus in Argus (1979-1985) und Angela Carters surrealistisches Märchen Bloody Chamber (1979, Blaubarts Zimmer). Auch in der postkommunistischen Sowjetunion versuchen Autoren in einer Abkehr von den Schreibvorgaben des sozialistischen Realismus die Unsicherheit und Heterogenität ihrer Gegenwart mit postmodernen Verfahren literarisch zu fixieren. Hervorstechendes Stilmerkmal hierbei ist vor allem die Groteske.

3  POSTMODERNE ARCHITEKTUR

Der Amerikaner Charles Jencks führte den Begriff der Postmoderne Mitte der siebziger Jahre in die Architekturdiskussion ein, um den Stil zeitgenössischer Bauwerke zu beschreiben. Jencks Ausführungen münden in die Forderung nach „radikalem Eklektizismus” in der Baukunst. Dabei sollen Elemente aller bisherigen Baustile ironisch kombiniert werden, ohne einem plumpen Historismus zu verfallen. Das Bauwerk wird zum Zitatenspiel und widersetzt sich somit seiner bloßen Funktionalität. Schon lange bevor Jencks den Begriff der postmodernen Architektur prägte, war sie in baulicher Form vorhanden. Bedeutende Vertreter sind Charles Willard Moore, Robert Venturi, Denise Scott Brown, Aldo Rossi, Mario Botta, Robert Stern, James Frazer Stirling oder Hans Hollein. Siehe auch Dekonstruktivismus; Postmoderne (Architektur)

4  POSTMODERNE PHILOSOPHIE

Eine postmoderne Richtung zeitgenössischer Philosophie distanziert sich strikt von jeglicher Form der Fortschrittsgläubigkeit. Hegels Wort vom „Ende der Geschichte” in ihrem Sinn interpretierend, tritt sie vielmehr für die freie Kombination bisheriger Erkenntnismodelle ein. Allgemein bezeichnet der Begriff der Postmoderne philosophisch die Reflexion über den gegenwärtigen Kulturstand. Vor allem der französische Philosoph Jean-François Lyotard begreift die explosionsartig zunehmende Informationsflut und den mit der neuen Technologie verbundenen Zugriff auf beliebiges (anonymes) Wissen als einen Charakterzug postmoderner Kultur. In seinem Buch Das postmoderne Wissen (1986) sah Lyotard die Autorität der großen Erzählungen (Ideologien, rationalen Systeme etc.) am Ausgang des 20. Jahrhunderts zugunsten kleinerer Sinnfragmente zersplittert. Diese sind beliebig kombinierbar, ohne in ihrer Gesamtheit auf ein Sinnganzes zu verweisen. Ein weiterer Theoretiker der postmodernen Kulturauffassung ist Paul Virilio, der die Auflösung aller festen raumzeitlichen Kategorien im Rausch der Geschwindigkeit konstatiert. Siehe auch Dekonstruktion, Jacques Derrida


Verfasst von:
Thomas Köster

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Moderne (Literatur)
Moderne (Literatur), unscharfe Bezeichnung für diverse Abgrenzungsbestrebungen junger Literaten gegenüber der älteren Generation (so in Aufklärung, Romantik und Jungem Deutschland), zumeist jedoch für die umfassenden ästhetischen Neuerungsbestrebungen der Literatur, aber auch der Musik, der Architektur und der bildenden Kunst, zwischen 1870 und 1920. Der Begriff „die Moderne” wurde 1886 von Ernst Wolff für die Literatur des Naturalismus geprägt. Der österreichische Kritiker Hermann Bahr (Zur Kritik der Moderne, 1890) weitete ihn später auf postnaturalistische Strömungen wie Impressionismus, Symbolismus, Décadence oder Jugendstil aus. Inzwischen werden alle Bewegungen der klassischen Avantgarde einschließlich des Expressionismus mit dem Schlagwort belegt. Neben regionalen Aspekten (siehe Berliner Moderne, Wiener Moderne) betont die neuere Forschung den länderübergreifenden Charakter der Moderne. So werden etwa Gustave Flaubert, T. S. Eliot, William Butler Yeats, Marcel Proust, James Joyce, Henrik Ibsen, Paul Valéry, Stéphane Mallarmé, Charles Baudelaire, Ezra Pound, Robert Musil, Alfred Döblin, August Strindberg, Hermann Broch und Virginia Woolf der Moderne zugerechnet.

Voraussetzung für das Entstehen einer deutschsprachigen, teils auch einer europäischen Moderne war die Erschütterung des traditionellen Weltbildes etwa durch Albert Einsteins Relativitätstheorie (1905), Max Plancks Quantentheorie (1900) und Sigmund Freuds Untersuchung zum Unbewussten (Die Traumdeutung, 1900). Deren neue Sicht der Wirklichkeit, die das Zufällige, Heterogene und Disparate allen Geschehens betonte, forderte den Künstlern eine neue ästhetische Konzeption ihrer Werke ab. Freuds Psychoanalyse beeinflusste zudem das literarische Verfahren des Stream of consciousness zur direkt-assoziativen Darstellung psychischer Befindlichkeiten.

Zu den herausragenden Werken der literarischen Moderne gehören Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz (1929), Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften (1930-1952), Hermann Brochs Die Schlafwandler (1931-1932), Marcel Prousts A la recherche du temps perdu (1913-1927), T. S. Eliots The Waste Land (1922, Das wüste Land), Ezra Pounds Cantos (1917-1970), Virginia Woolfs Mrs. Dalloway (1925) und James Joyces Ulysses (1922). All diesen Werken ist ein Stil eigen, der auf je spezifische Art und Weise die Zersplitterung von Erfahrungswelt reflektiert und nach neuen Formen des Ausdrucks sucht. Die Stringenz von Handlung ist zugunsten eines Geflechts von Bezügen aufgegeben: Das Kunstwerk wird, wie Umberto Eco herausstellte, „offen”, d. h. frei für den polyperspektivischen Zugang des Interpreten. Statt inhaltlicher Kriterien rückt hierbei oftmals die Sprachlichkeit (das Material) des literarischen Produkts selbst ins Zentrum des Interesses. Auch der von Mallarmé und Valéry geäußerte Wunsch nach einer Musikalität dichterischer Äußerung bezieht sich auf eine Betonung des Lautbildes, des Signifikanten, gegenüber dem Vorstellungsinhalt, dem Signifikat (siehe de Saussure; Semiotik).

Als Gegenströmungen zur Moderne entstanden zur Mitte des 20. Jahrhunderts Bewegungen, die das Innovationsstreben dieser Richtung selbst als automatisiert ansahen. Die Postmoderne bezieht diesen Aspekt einer programmatischen Abgrenzung dadurch, dass sie den Begriff der Moderne negativ anzitiert, bewusst mit ein. Siehe auch Poststrukturalismus.


Verfasst von:
Thomas Köster

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