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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:46 Mo 29.12.2014 | Autor: | Ladon |
Hallo,
ich erarbeite mir gerade ein Thema der Algebra, das in der Vorlesung zur Algebra I nicht vorkam. Es handelt sich um freie Gruppen.
In diesem Kontext wird auch von der Worthalbgruppe über Alphabet [mm] \mathcal{A} [/mm] gesprochen, die mit dem Hintereinandersetzen von Wörtern und dem leeren Wort 1, das das neutrale Element bildet, Halbgruppe ist. Später definiert man reduzierte Wörter [mm] w=a_1\cdots a_n\in\mathcal{A}\cup\mathcal{A}^{-}, [/mm] für die [mm] a_{i+1}\neq a_i^{-1} [/mm] für [mm] $1\le [/mm] i<n$ gilt, wobei [mm] \mathcal{A}^{-} [/mm] formales Inverses ist. Schließlich ist die Menge der reduzierten Wörter F über Alphabet [mm] \mathcal{A}\cup\mathcal{A}^{-} [/mm] mit entsprechendem Produkt freie Gruppe über [mm] \mathcal{A}. [/mm] Soweit das skizzierte Vorgehen.
Jetzt meine Frage:
Wie ist die Einführung der Worthalbgruppe und die Bildung der freien Gruppe der reduzierten Wörter über dem Alphabet [mm] \mathcal{A}\cup\mathcal{A}^{-} [/mm] im größeren Kontext der freien Gruppen zu sehen?
Konkret: Von welchem Nutzen ist diese Einführung?
Mein Ansatz mir die Frage zu beantworten:
Ich habe mir gedacht, dass es vielleicht ganz nützlich sein kann, wenn man für jede Menge [mm] \mathcal{A} [/mm] eine über [mm] \mathcal{A} [/mm] freie Gruppe F bilden kann. Dabei weiß man sogar, dass F alle reduzierten Wörter über dem Alphabet [mm] \mathcal{A}\cup\mathcal{A}^{-} [/mm] enthält und das Produkt als Hintereinandersetzen von Wörtern mit anschließender Reduktion zu beschreiben ist.
Ist das evtl. schon der ganze Grund? Oder gibt es noch mehr sinnvolle Anwednungen/Gründe?
Ich freue mich auf eure Antworten.
MfG
Ladon
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Hallo,
> Konkret: Von welchem Nutzen ist diese Einführung?
Konkret: Von gar keinem. Der Sinn und Zweck der freien Gruppe über einer Menge $ A$ von Erzeugern ist der, dass zwischen diesen Erzeugern keine Relationen gelten sollen. Wenn du $ a, [mm] b\in [/mm] A $ nimmst, wird in $ F (A) $ niemals so etwas wie $ [mm] a^6b^3a^{-13}b^12=1$ [/mm] gelten. Es gelten zwischen den Erzeugenden keine Relationen außer denen, die aus den Gruppenaxiomen folgen, also etwa $ [mm] abb^{-1} a^{-1}=1$. [/mm] Das heißt insbesondere, dass man jede Abbildung $ [mm] A\longrightarrow [/mm] G $, wobei die Erzeugenden in einer anderen Gruppe landen, in einen Gruppenhomomorphismus $F [mm] (A)\longrightarrow [/mm] G $ fortsetzen kann, da in $ F (A) $ keine Relationen gelten, die durch eine solche Abbildung eventuell zerstört werden könnten.
Diesen Punkt solltest du dir klar machen: Aus der Konstruktion folgt, dass jedes Element aus $ F (A) $ eine eindeutige Darstellung als reduziertes Produkt der Erzeugenden besitzt. Indem du das verwendest, kannst du zeigen:
(Mit U (G) bezeichne ich die unterliegende Menge einer Gruppe)
Universelle Eigenschaft der freien Gruppe: Es bezeichne $ [mm] A\xrightarrow{\ \ \eta_A\ \ } [/mm] U (F (A)) $ die offensichtliche Inklusionsabbildung. Für jeden Abbildung $ [mm] A\xrightarrow [/mm] {\ \ f\ \ } U (G) $ in eine Gruppe $ G $ existiert ein eindeutig bestimmter Gruppenhomomorphismus $F [mm] (A)\xrightarrow [/mm] {\ \ [mm] \bar [/mm] {f}\ \ } G $, sodass $ U [mm] (\bar {f})\circ \eta_A=f [/mm] $.
In anderen Worten: Abbildungen [mm] $A\to [/mm] U (G) $ stehen in direkter Korrespondenz zu Gruppenhomomorphismen $ F [mm] (A)\to [/mm] G $ und zwar vermittels [mm] $\eta_A [/mm] $. Die Abbildung [mm] $\operatorname [/mm] {Hom}(F (A), [mm] G)\longrightarrow\operatorname [/mm] {Abb}(A, U (G)) $ mit [mm] $g\longmapsto [/mm] U [mm] (g)\circ\eta_A [/mm] $ ist bijektiv.
Dies bedeutet, dass F ein linksadjungierter Funktor zum Vergissfunktor U ist. Diese Terminologie muss dir nichts sagen, aber ich kann dir versichern, dass das die Eigenschaft der freien Gruppe ist, um die es geht. Wenn du möchtest, lies dir mal diesen Artikel durch.
Eine Anwendung der obigen Eigenschaft ist zum Beispiel die folgende: Sei $ G $ irgendeine Gruppe und $ [mm] A\subseteq [/mm] U (G) $ ein Erzeugendensystem. Bezeichne mit $ f $ die Inklusionsabbildung. Gemäß der universellen Eigenschaft gibt es einen Homomorphismus [mm] $\bar {f}\colon [/mm] F [mm] (A)\to [/mm] G $ mit $U [mm] (\bar {f})\circ\eta_A [/mm] =f$. Insbesondere gilt $A=Bild [mm] (f)\subseteq [/mm] Bild [mm] (\bar [/mm] {f}) $. Da $ A $ ein Erzeugendensystem ist, muss bereits $Bild [mm] (\bar [/mm] {f})=G $ sein, also ist G ein Quotient von $ F (A) $! Diese Feststellung führt zum Begriff der Gruppenpräsentation.
Fazit: Die Konstruktion ist kompliziert, hässlich und selten zu gebrauchen. Es geht um die universelle Eigenschaft und alles nötige kann man daraus herleiten und zwar einfacher und eleganter, als seitenweise Elementschlachten mit reduzierten Wörtern zu führen.
Liebe Grüße,
UniversellesObjekt
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 15:55 Mo 29.12.2014 | Autor: | Ladon |
Vielen Dank für deine Antwort UniOb.!
Jetzt wird mir einiges klarer. In dem Lehrbuch, das ich nutze, wird die universelle Eigenschaft schon direkt als Definition der freien Gruppe benutzt, um daraus die Definition (freie Gruppe) aus Wikipedia herzuleiten.
LG
Ladon
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