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Forum "Jura" - geheime Videoüberwachung
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geheime Videoüberwachung: Frage (überfällig)
Status: (Frage) überfällig Status 
Datum: 18:21 So 09.10.2011
Autor: Nino_Ryan

Aufgabe
A ist ein privater Unternehmer und betreibt ein Kaufhaus. Da es in letzter Zeit mehrere Diebstähle gab, entschließt sich A eine getarnte Videoüberwachung an bestimmten Stellen anzubringen. darunter fallen mehrere Warenabteilungen. Weitere getarnte Videokameras werden in die Nähe der Kassen plaziert. Zum einen möchte A die Diebe schnappen, zum anderen sein Personal kontrollieren. Von der geheimen Videoüberwachung wissen nur die Sicherheitskräfte und der Kaufhausdetektiv bescheid.

Kunde B wird vom Kaufhausdetektiv angesprochen. Der Detektiv dachte er hätte ihn über die Videoüberwachung bei einem Diebstahl beobachtet. Es stellt sich aber kurz darauf raus, dass er ihn verwechselt hatte.

Verkäuferin C (aus einem EU-Mitgliedsstaat) wird von den Sicherheitskräften angesprochen, dass sie des öfteren vergisst, die Kasse richtig zu schließen.

B und C wollen diese verfassungs-, europarechts-, und völkerrechtswidrigen "Angriffe auf ihre Persönlichkeit" nicht auf sich beruhen lassen.  Sie drohen A mit rechtlichen Schritten.

Folgende Fragen sind einem Gutachten zu erörtern:

1. Ist A als privater Unternehmer ans Grundgesetz gebunden?
2. Wenn ja, liegt ein Verstoß gegen Verfassungsnormen vor?
3. Umfasst die Berufsfreiheit die Videoüberwachung?
4. "Videoüberwachung ist vom Grundgesetz erlaubt, ohne Einschränkungen" ?
5. ist die Kontrolle des Personals durch den Arbeitsvertrag berechtigt?
6. Verbietet die EMRK diese Überwachung?
7. Bindet die EMRK A als Privatmann?
8. Ist die EU-Grundrechtscharta einschlägig?
9. Schützt die EU-rechtlich berbürgte Freizügigkeit der Arbeitnehmer die V vor diesen Kontrollmaßnahmen?


Hi,

Also ich habe teilweise Probleme, unter welchen Gliederungspunkten ich die Fragen im Gutachten erörtern muss.
Wenn ich verfassungsrechtlich anfange, dann kommen ja die Rechte aus Art. 2 GG, also informationelle Selbstbestimmung und Recht am eigenen Bild in Frage.

Ich fang also mit dem Schutzbereich an. Der wird problemlos eröffnet. Dann im Eingriff muss ich die mittelbare Drittwirkung erläutern.
Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich den § 6b BDSG schon bringen muss, oder erst als Schranke? Weil wenn der §6b BDSG durchgehen würde, dann wäre es doch gar nciht erst ein Eingriff, oder?
Die weitere Frage ist, bei welchem Punkt ich die "geheime" Videoüberwachung zum sprechen bringe. Diese wird ja durch den § 6b BDSG verboten. Aber wenn ich das gleich am Anfang der Prüfung bringe, dann fällt die ganze Verhältnismäßigkeit ja weg. Und wenn ich ihn nach der Interessensabwägung bringe, wäre das irgendwie doch auch seltsam.

Dann frage ich mich was die Frage 4 zu bedeuten hat.
4. "Videoüberwachung ist vom Grundgesetz erlaubt, ohne Einschränkungen" ?
Auf welches Grundgesetz wird hier angespielt und unter welchem Gliderungspunkt ist es anzusprechen?

Auch bei der Frage Nr. 5 weiß ich nicht, unter welchem Punkt ich etwas dazu schreiben muss. Hmm, vielleicht unter
3. Rechtfertigung a) Eingriffsermächtigung <- ?
Also unter Eingriffsermächtigung erst den Arbeitsvertrag erörtern, und dann erst §6b BDSG ?

Frage 6 geht dann um die völkerrechtswidrige Seite. Das wäre dann der Art. 8 EMRK - allerdings weiß ich nicht genau, wie eine EMRK-verletzungsprüfung wirklich ausschaut.


Frage 7-9 lassen mich nur dumm aus der Wäsche gucken, bis jetzt.


Ich bin für jede Hilfe, Tipps und Hinweise sehr dankbar!!

Liebe Grüße,
Nino


        
Bezug
geheime Videoüberwachung: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 07:59 Mi 12.10.2011
Autor: Josef

Hallo Nino,

> A ist ein privater Unternehmer und betreibt ein Kaufhaus.
> Da es in letzter Zeit mehrere Diebstähle gab, entschließt
> sich A eine getarnte Videoüberwachung an bestimmten
> Stellen anzubringen. darunter fallen mehrere
> Warenabteilungen. Weitere getarnte Videokameras werden in
> die Nähe der Kassen plaziert. Zum einen möchte A die
> Diebe schnappen, zum anderen sein Personal kontrollieren.
> Von der geheimen Videoüberwachung wissen nur die
> Sicherheitskräfte und der Kaufhausdetektiv bescheid.
>
> Kunde B wird vom Kaufhausdetektiv angesprochen. Der
> Detektiv dachte er hätte ihn über die Videoüberwachung
> bei einem Diebstahl beobachtet. Es stellt sich aber kurz
> darauf raus, dass er ihn verwechselt hatte.
>
> Verkäuferin C (aus einem EU-Mitgliedsstaat) wird von den
> Sicherheitskräften angesprochen, dass sie des öfteren
> vergisst, die Kasse richtig zu schließen.
>
> B und C wollen diese verfassungs-, europarechts-, und
> völkerrechtswidrigen "Angriffe auf ihre Persönlichkeit"
> nicht auf sich beruhen lassen.  Sie drohen A mit
> rechtlichen Schritten.
>  
> Folgende Fragen sind einem Gutachten zu erörtern:
>  
> 1. Ist A als privater Unternehmer ans Grundgesetz
> gebunden?


„Träger von Grundrechten sind:
Grundrechtsfähig sind alle Menschen (natürliche Personen) unabhängig von Alter und Staatsangehörigkeit.
Unternehmen (insbesondere: juristische Personen) sind ebenfalls grundrechsfähig; Art. 19 Abs. 3 GG.“

Quelle: Staatrecht leicht gemacht; Ewald von Kleist Verlag, Berlin



>  2. Wenn ja, liegt ein Verstoß gegen Verfassungsnormen
> vor?
>  3. Umfasst die Berufsfreiheit die Videoüberwachung?
>  4. "Videoüberwachung ist vom Grundgesetz erlaubt, ohne
> Einschränkungen" ?


Zu 3. - 4.:
„Bei der Frage der Zulässigkeit einer Videoüberwachung sind einerseits das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Arbeitnehmers und andererseits die berufliche Betätigung.(Art. 12 GG) und das Eigentumsrecht ( Art. 14 GG) des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Auch der Schutz der Wohnung (Art. 13 GG)-der sich auch auf Geschäftsräume erstreckt- ist hier in die Interessenabwägung mit einzubeziehen. „

[]Quelle 12.10.2011; 7.30 h






>  5. ist die Kontrolle des Personals durch den
> Arbeitsvertrag berechtigt?
>  6. Verbietet die EMRK diese Überwachung?
>  7. Bindet die EMRK A als Privatmann?

„Das BAG hatte bereits im Jahre 1987 entschieden, daß eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vorliegen könne, wenn er einem ständigen lückenlosen Überwachungsdruck dadurch unterworfen werde, wenn der Arbeitgeber jederzeit ohne konkreten Hinweis den Arbeitsplatz durch versteckt aufgestellte Videokameras beobachten könne (vgl. BAG Urteil vom 07.10.1987, Az.: 5 AZR 116/86). Der Arbeitgeber hätte denselben Erfolg auch mit weniger weitreichenden Mitteln -z.B. durch das Aufstellen von sichtbaren Kameras- erreichen können. So aber habe der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Beseitigung der Videokamera und Unterlassung der Eingriffe in sein Persönlichkeitsrecht.“

[]Quelle 12.10.2011; 7.30 h





>  8. Ist die EU-Grundrechtscharta einschlägig?
>  9. Schützt die EU-rechtlich berbürgte Freizügigkeit der
> Arbeitnehmer die V vor diesen Kontrollmaßnahmen?
>  


„Der Schutz personenbezogener Daten und die Achtung der Privatsphäre sind wichtige Grundrechte. Das Europäische Parlament betont die Notwendigkeit einer ausgewogenen Strategie zur Stärkung der Sicherheit und zur Wahrung der Menschenrechte, die auch den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre mit einbezieht. Der Vertrag von Lissabon bietet eine stärkere Grundlage für die Entwicklung eines eindeutigeren und effektiveren Datenschutzsystems, während er gleichzeitig den Ausbau der Kompetenzen des Europäischen Parlaments vorsieht. Mit der Umsetzung des Stockholmer Programms wird es in diesem Bereich wichtige Neuerungen geben.

rechtsgrundlage
Artikel 16 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), den der Vertrag von Lissabon als reformierte Rechtsgrundlage einführte, besagt:
„1. Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
2. Das Europäische Parlament und der Rat erlassen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr. Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von unabhängigen Behörden überwacht.“
Ziele
Die Union muss für die konsequente Anwendung des in der EU-Grundrechtecharta verankerten Grundrechts auf Datenschutz sorgen. Wir müssen die Position der EU bezüglich des Schutzes personenbezogener Daten bei allen EU-Maßnahmen, einschließlich jener in den Bereichen Strafverfolgung und Kriminalprävention, sowie in unseren internationalen Beziehungen stärken.
In einer globalen Gesellschaft, die durch raschen technologischen Wandel mit grenzenlosem Informationsaustausch geprägt ist, kommt der Sicherung der Privatsphäre größte Bedeutung zu. Zu den Herausforderungen unserer modernen Gesellschaft gehören: Schutz der Privatsphäre im Internet, Internetzugang, Videoüberwachung, Funkfrequenzkennzeichnung (Smart Chips), verhaltensorientierte Internetwerbung, Suchmaschinen und soziale Netzwerke (darin insbesondere Profile von Minderjährigen).“

[]Quelle 12.10.2011; 7.50 h





> Also ich habe teilweise Probleme, unter welchen
> Gliederungspunkten ich die Fragen im Gutachten erörtern
> muss.


Die aufgeführten Fragen können schon als Gliederung angesehen werden.



Viele Grüße
Josef

Bezug
                
Bezug
geheime Videoüberwachung: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 12:51 Mi 12.10.2011
Autor: Nino_Ryan

Hi Josef,

Vielen Dank schonmal für deine Ausführliche Antwort.

Ich bin allerdigns immer noch leicht verwirrt. Ich muss doch eine Verletzung der rechte von B und C prüfen, das heißt, verfassungsrechtlich wäre das:
a) Schutzbereich,
b) Eingriff
c)verfassungsrechtliche Rechtfertigung

wo komm ich da auf die Grundrechtsträgereigenschaft des K zu sprechen? Der persönliche Schutzbereich erörter ja nur die Grudnrechtseigenschaft von B und C.
Das selbe mit der Berufsfreiheit.. ich erörter ja eine Verletzung der rechte von B und C, und das recht auf irnofamtionelole Selbstbestimmung steht ja unter einfachem gesetzesvorbehalt, da wäge ich ja nicht Grundrechte gegeneinander ab... ?
Außerdem ist die geheime Videoüberwachung der C ja schon kein legitimer Zweck, oder nicht? das heißt ich würde gar nicht erst zur interessensabwägung kommen... oder? interessensabwägung ist doch in der materiellen prüfung bei der Verhältnismäßigkeit/Angemessenheit zu prüfen, oder nicht?

"5. ist die Kontrolle des Personals durch den Arbeitsvertrag berechtigt?" - ich versteh immernoch nicht, wo das in einer Grundrechtsverletzungsprüfung seinen Platz hat. Vielleicht als "legitimer Zweck" ?

Vielen dank schonmal! :)

Liebe grüße,
Nino


Bezug
                        
Bezug
geheime Videoüberwachung: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 18:24 Mi 12.10.2011
Autor: Josef

Hallo Nino,


>  
> Ich bin allerdigns immer noch leicht verwirrt. Ich muss
> doch eine Verletzung der rechte von B und C prüfen, das
> heißt, verfassungsrechtlich wäre das:
>  a) Schutzbereich,
> b) Eingriff
> c)verfassungsrechtliche Rechtfertigung
>  

[ok]


> wo komm ich da auf die Grundrechtsträgereigenschaft des K
> zu sprechen?

Wer ist K?

> Der persönliche Schutzbereich erörter ja nur
> die Grudnrechtseigenschaft von B und C.

[ok]

> Das selbe mit der Berufsfreiheit.. ich erörter ja eine
> Verletzung der rechte von B und C, und das recht auf
> irnofamtionelole Selbstbestimmung steht ja unter einfachem
> gesetzesvorbehalt, da wäge ich ja nicht Grundrechte
> gegeneinander ab... ?


„Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG schützt die Freiheit der Wahl des Berufs, der Wahl des Arbeitsplatzes und der Wahl der Ausbildungsstätte. Satz 2 sieht einen Regelungsvorbehalt für die Berufsausübung vor.Eingriffe in die Berufsfreiheit sind nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig. Entscheidend ist dabei die Frage, mit welcher Intensität in die Berufsfreiheit eingegriffen wird. „
„Bei Einschränkungen der Berufsausübung wird geregelt, wie der Beruf auszuüben ist.“
„Beschränkungen der Berufsausübung dürfen vorgenommen werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls das zweckmäßig erscheinen lassen. Das im Einzelfall ein gesetzte Mittel muss geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen.“
Quelle [1]: Staatsrecht – Grundgesetz; Bayerische Verwaltungsschule; Gerhard Brunner, Frank Höfer; Seite 50 ff.

B ist Kunde. Eine Verletzung der Berufsfreiheit ist daher nicht gegeben.
C ist Verkäuferin. Eine Verletzung der Berufsfreiheit ist m.E. nicht gegen, wohl aber muss eine Beschränkung der Berufsausübung geprüft werden. C wird durch die Videoüberwachung nur in seiner Berufsausübung beschränkt.
„Die Freiheit der Berufsausübung kann beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Der Grundrechtsschutz beschränkt sich insoweit nur auf die Abwehr übermäßiger Beschränkungen. Der Eingriff muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen.“ [1]


>  Außerdem ist die geheime Videoüberwachung der C ja schon
> kein legitimer Zweck, oder nicht?


„Mitarbeiterkontrolle durch Videoüberwachung
Da sich ein Kunde in der Regel nur wenige Minuten im Bereich der Videoüberwachung aufhält, stellt die Aufzeichnung keinen besonders schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kunden dar.

Ganz anders sieht dies hingegen aus, wenn Sie als Arbeitgeber an einer Tankstelle, in einer Bank oder in irgendeinem anderen Betrieb eine Videokamera auf den Arbeitsplatz Ihrer Mitarbeiter richten.

Dann wird Ihr Mitarbeiter permanent kontrolliert und ist damit einem schweren Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht ausgesetzt.

Dauerhafte Kontrolle durch Videoüberwachung
Eine permanente Videoüberwachung Ihrer Mitarbeiter ist daher nur im Ausnahmefall, insbesondere im sicherheitsrelevanten Bereich, zulässig.

Ziel einer permanenten Videoüberwachung kann daher nur die Sicherung des Betriebsvermögens, nicht aber die Überwachung der Arbeitsleistung sein.“



[]Quelle 2; Internet 12.10.2011; 18.25 h




Viele Grüße
Josef

Bezug
                                
Bezug
geheime Videoüberwachung: Frage (beantwortet)
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 18:35 Mi 12.10.2011
Autor: Nino_Ryan

Sorry, hatte mcih einmal vertippt. K = A.

Ich muss doch eine Verletzung der rechte von B und C prüfen, das heißt, verfassungsrechtlich wäre das:
a) Schutzbereich,
b) Eingriff
c)verfassungsrechtliche Rechtfertigung

wo komm ich da auf die Grundrechtsträgereigenschaft des A
zu sprechen? (So sollte die Frage lauten. )

Der persönliche Schutzbereich erörter ja nur die Grundrechtseigenschaft von B und C. Aber ich muss irgendwo prüfen, ob A ans Grundgesetz gebunden ist. Wo, bzw. utner welchem Punkt mach ich das?

Und ich muss auch prüfen, ob die Videoüberwachung von der Berufsfreiheit des A (!) gedeckt ist. Abwe ich prüfe ja nur Veretzungen der Recht von B und C. Wo taucht da die Berufsfreiheit des A auf?

Zum thema Berufsfreiheit und C:
Also hmm... ist da überhaupt der Schutzbereich eröfnnet? Es handelt sich aj um eine geheime Videoüberwachung,d as heißt die C bekommt davon ja eh nichts mit.


Bezug
                                        
Bezug
geheime Videoüberwachung: Antwort
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 08:27 Do 13.10.2011
Autor: Josef

Hallo Nino,

> Sorry, hatte mcih einmal vertippt. K = A.
>
> Ich muss doch eine Verletzung der rechte von B und C
> prüfen, das heißt, verfassungsrechtlich wäre das:
>  a) Schutzbereich,
> b) Eingriff
>  c)verfassungsrechtliche Rechtfertigung
>  

[ok]


> wo komm ich da auf die Grundrechtsträgereigenschaft des A
>  zu sprechen? (So sollte die Frage lauten. )
>  
> Der persönliche Schutzbereich erörter ja nur die
> Grundrechtseigenschaft von B und C. Aber ich muss irgendwo
> prüfen, ob A ans Grundgesetz gebunden ist. Wo, bzw. utner
> welchem Punkt mach ich das?
>  
> Und ich muss auch prüfen, ob die Videoüberwachung von der
> Berufsfreiheit des A (!) gedeckt ist. Abwe ich prüfe ja
> nur Veretzungen der Recht von B und C. Wo taucht da die
> Berufsfreiheit des A auf?
>  



Grundsätzlich stehen die Menschenrechte allen Menschen kraft ihrer Menschenwürde zu. Somit ist A auch Träger von Grundrechten (Art. 19 Abs. 3 GG).  Die Grundrechte binden nach Art. 1 Abs. 3 GG die gesamte staatliche Gewalt. Sie gelten somit grundsätzlich nicht für Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen. In den Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander kann sich also niemand unmittelbar auf die Grundrechte berufen.

Es ist zu prüfen, ob sich aus  Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG ein Anspruch auf Videoüberwachung am Arbeitsplatz ergibt. Nach dieser Verfassungsbestimmung ist die Freiheit der Wahl des Berufs, der Wahl des Arbeitsplatzes geschützt. Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG setzt voraus, dass der Schutzbereich diese Grundrechts berührt wird und diese Beeinträchtigung rechtswidrig ist. Die Zulässigkeit eines Eingriffs in die Berufsfreiheit richtet sich zunächst danach, ob die Berufsausübung oder die Berufswahl geregelt wird. Bei Einschränkungen der Berufsausübung wird geregelt, wie der Beruf auszuüben ist. …

...
„Bei der Frage der Zulässigkeit einer Videoüberwachung sind einerseits das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) des Arbeitnehmers und andererseits die berufliche Betätigung.(Art. 12 GG) und das Eigentumsrecht ( Art. 14 GG) des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Auch der Schutz der Wohnung (Art. 13 GG)-der sich auch auf Geschäftsräume erstreckt- ist hier in die Interessenabwägung mit einzubeziehen. „






> Zum thema Berufsfreiheit und C:
>  Also hmm... ist da überhaupt der Schutzbereich eröfnnet?
> Es handelt sich aj um eine geheime Videoüberwachung,d as
> heißt die C bekommt davon ja eh nichts mit.
>  


Verkäuferin C (aus einem EU-Mitgliedsstaat) wird von den Sicherheitskräften angesprochen, dass sie des öfteren vergisst, die Kasse richtig zu schließen. Daraus kann  die Verkäuferin auf eine Videoüberwachung schließen.


"5. Videoüberwachung
Das BDSG enthält mit § 6b auch eine Vorschrift zur Video-Überwachung. Diese ist mit ihrer Regelung für „öffentlich zugängliche Räume”, wie z. B. Schalterhallen von Banken oder Verkaufsräume, nicht jedoch für interne Betriebsräume nutzbar. Insoweit erlaubt die Vorschrift des § 6b BDSG die Video-Überwachung auch durch nicht öffentliche Stellen. In den Fällen, in denen § 6b BDSG mangels öffentlicher Zugänglichkeit des Arbeitsplatzes nicht greift, ist – zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der AN – von folgenden Grundsätzen auszugehen:
Das einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht rechtfertigende schutzwürdige Interesse des ArbG – etwa zum Schutz vor Verlust von Firmeneigentum durch Diebstahl, Unterschlagung oder Verrat von Betriebsgeheimnissen – muss vor Beginn der Videoüberwachung durch konkrete Anhaltspunkte und Verdachtsmomente belegt sein. Eine vage Vermutung oder ein pauschaler Verdacht gegen die gesamte Belegschaft reicht nicht aus (Unverhältnismäßigkeit einer verdachtsunabhängigen Video-Überwachung, BAG v. 29. 6. 2004 - 1 ABR 21/03 ).
Die Videoüberwachung muss offen, d. h. mittels einer sichtbaren Anlage nach vorheriger Information der Belegschaft erfolgen.
Eine Überwachung mittels verdeckter Kamera ist als „ultima ratio” nur zulässig, wenn dieses Mittel die einzige Möglichkeit darstellt, die berechtigten schutzwürdigen Interessen des ArbG zu wahren.
Die Videoüberwachung unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats (BR). Eine unzulässige Videoüberwachung wird durch die Zustimmung des BR nicht legitimiert.
Durch rechtswidrige Überwachung gewonnene Erkenntnisse können in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht verwertet werden (LAG Hamm v. 24. 7. 2001 - 11 Sa 1524/00, RDV 2001 S. 288; ähnlich: BAG v. 27. 3. 2003 - 2 AZR 51/02 , AP Nr. 36 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung)."


"Das verfassungsrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht erstreckt sich auch auf den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzten Gebrauch seiner Personaldaten. In Ermangelung eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes ist – neben spezifischen Regelungen – das Bundesdatenschutzgesetz und die hierzu ergangene Rechtsprechung maßgebliche Rechtsquelle für den Schutz der Arbeitnehmerdaten im Betrieb. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei der Eingehung und Abwicklung von Arbeitsverhältnissen den Schutz der personenbezogenen Arbeitnehmerdaten sicherzustellen."



Fundstelle(n):
NWB Fach 26 Seite 4333
NWB 2005 Seite 1243
NWB Heft 15/2005
NWB DokID: RAAAB-51812




Viele Grüße
Josef


Bezug
        
Bezug
geheime Videoüberwachung: Fälligkeit abgelaufen
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 19:23 Mo 17.10.2011
Autor: matux

$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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