unmögliches Ereignis < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 12:27 Mo 21.07.2008 | Autor: | Jana1972 |
Aufgabe | Folgt aus P(A) = 0, dass das Ereignis A ein unmögliches Ereignis ist? |
Die korrekte Antwort lautet nein. Jedoch verstehe ich nicht, warum... Kann mir das jemand erklären?
Vielen, herzlichen Dank im Voraus!
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> Folgt aus P(A) = 0, dass das Ereignis A ein unmögliches
> Ereignis ist?
> Die korrekte Antwort lautet nein. Jedoch verstehe ich
> nicht, warum... Kann mir das jemand erklären?
> Vielen, herzlichen Dank im Voraus!
Hallo Jana,
die Aussage wäre dann richtig, wenn man es mit einem
endlichen Ereignisraum [mm] \Omega [/mm] zu tun hat.
Falls aber der Ereignisraum unendlich ist, kann es auftreten,
dass die paradox erscheinende Situation auftritt.
Betrachten wir z.B. die Gleichverteilung von Zufallszahlen
im Intervall [0..1) [mm] \subseteq \IR [/mm] .
Dann hat jede einzelne Zahl x [mm] \in [/mm] [0..1) die Auftretens-
wahrscheinlichkeit 0 , obwohl bei jeder "Ziehung" natürlich
genau das scheinbar "Unmögliche" auftritt: dass nämlich
eine Zahl erscheint, die dazu eigentlich "null Chancen" hatte.
Der Vollständigkeit halber müsste man aber noch anfügen,
dass die "Gleichverteilung von Zufallszahlen im Intervall
[0..1) [mm] \subseteq \IR" [/mm] ein rein theoretisches Konzept ist,
welches noch nie in die Tat umgesetzt worden ist für die
Produktion von Zufallszahlen. Alle die sogenannten "Real"-
Zahlen in Computern stammen nämlich aus einer durchaus
endlichen Untermenge der rationalen Zahlen...
Eine einzelne Zufallszahl aus dem Computer hat also nie
die Wahrscheinlichkeit 0 - falls sie überhaupt auftreten kann.
LG al-Chw.
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(Antwort) fertig | Datum: | 13:05 Mo 21.07.2008 | Autor: | luis52 |
Moin Jana,
betrachte das Zufallsexperiment "Werfen einer Muenze" mit
[mm] $\Omega=\{\text{Kopf},\text{Wappen}\}$ [/mm] und der Potenzmenge [mm] $\mathfrak{A}=\mathfrak{P}(\Omega)$ [/mm] von [mm] $\Omega$ [/mm] als [mm] $\sigma$-Algebra.
[/mm]
Formal erfuellt [mm] $P\colon\mathfrak{A}\to[0,1]$ [/mm] mit [mm] $P(\Omega)=1$, $P(\{\text{Kopf}\})=1$ [/mm] , [mm] $P(\{\text{Wappen}\})=0$ [/mm] , [mm] $P(\emptyset)=0$
[/mm]
die Eigenschaften eines Wahrscheinlichkeitsmasses.
Gleichwohl ist [mm] $\{\text{Wappen}\}\ne\emptyset$.
[/mm]
vg Luis
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> Moin Jana,
>
> betrachte das Zufallsexperiment "Werfen einer Muenze" mit
> [mm]\Omega=\{\text{Kopf},\text{Wappen}\}[/mm] und der Potenzmenge
> [mm]\mathfrak{A}=\mathfrak{P}(\Omega)[/mm] von [mm]\Omega[/mm] als
> [mm]\sigma[/mm]-Algebra.
> Formal erfuellt [mm]P\colon\mathfrak{A}\to[0,1][/mm] mit
> [mm]P(\Omega)=1[/mm], [mm]P(\{\text{Kopf}\})=1[/mm] , [mm]P(\{\text{Wappen}\})=0[/mm]
> , [mm]P(\emptyset)=0[/mm]
> die Eigenschaften eines Wahrscheinlichkeitsmasses.
> Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
>
> vg Luis
>
Hallo Luis
Ich verstehe nicht, wie deine Argumentation nun genau mit der
gestellten Frage:
Aufgabe | Folgt aus P(A) = 0, dass das Ereignis A ein unmögliches Ereignis ist? |
in Verbindung gesetzt werden kann.
Um die Aussage
"P(A)=0 [mm] \Rightarrow [/mm] A unmöglich"
zu widerlegen, müsste man doch ein Beispiel eines Ereignisses A
vorlegen mit
"P(A)=0 , obwohl A möglich"
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:01 Mo 21.07.2008 | Autor: | luis52 |
>
> "P(A)=0 [mm]\Rightarrow[/mm] A unmöglich"
>
> zu widerlegen, müsste man doch ein Beispiel eines
> Ereignisses A
> vorlegen mit
>
> "P(A)=0 , obwohl A möglich"
>
>
Der Begriff "unmoegliches Ereignis" ist i.A. mit [mm] $\emptyset$ [/mm] verbunden, siehe z.B. hierEingabefehler: "{" und "}" müssen immer paarweise auftreten, es wurde aber ein Teil ohne Entsprechung gefunden (siehe rote Markierung)
. Mein
Beispiel besagt, dass es ein Ereignis A geben kann mit $P(A)=0$, aber $A\ne\emptyset$. A ist
also nicht das unmoegliche Ereignis. Insofern ist $A=\{\text{Wappen\})$ in deinem Sinn "moeglich". Der Begriff "moegliches Ereignis" im allgemeinen ist mir nicht gelaeufig.
vg Luis
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 15:24 Mo 21.07.2008 | Autor: | luis52 |
Moin,
darf ich mal zusammenfassen:
Es gibt anscheinend (vermutlich mindestens zwei) unterschiedliche Definitionen:
Def 1: Ereignis A heisst genau dann unmoegliches Ereignis, wenn [mm] $A=\emptyset$.
[/mm]
Def 2: Ereignis A heisst genau dann unmoegliches Ereignis, wenn gilt $P(A)=0$.
Def 1 habe ich in meinem Gegenbeispiel benutzt, und das scheint auch in
Janas Loesung gemeint zu sein. Wird Def 2 benutzt, so ist Janas
"korrekte" Antwort falsch.
Einverstanden, Stefan?
vg Luis
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:51 Mo 21.07.2008 | Autor: | Blech |
Jo. =)
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> Def 1: Ereignis A heisst genau dann unmoegliches Ereignis,
> wenn [mm]A=\emptyset[/mm].
>
> Def 2: Ereignis A heisst genau dann unmoegliches Ereignis,
> wenn gilt [mm]P(A)=0[/mm].
Diese "Def 2" ist natürlich auch unsinnig, wenn du mein
obiges Beispiel mit der (theoretischen) Gleichverteilung
auf dem Intervall [0..1) in Betracht ziehst. Dann wäre
ja jedes Ereignis, das tatsächlich eintreffen kann, unmöglich.
Sollte allerdings eine echte "Zufallszahl" aus der überabzähl-
baren Grundmenge [0..1) tatsächlich berechnet werden,
so würde das unendlich lange dauern - dann kann man das
ebensogut als unmöglich bezeichnen...
Das Beispiel mit der Münze mit [mm] \Omega=\{Wappen,Kopf\} [/mm] mit [mm] P(\{Wappen\})=0
[/mm]
erscheint mir trotzdem mindestens ebensoweit hergeholt wie das
Konzept von echt reellen Zufallszahlen.
Wenn "Wappen" bei einem Zufallsversuch mit endlicher
Ergebnismenge die Wahrscheinlichkeit 0 hat, dann kann
man ebensogut auf die Auflistung der (unmöglichen!)
Möglichkeit "Wappen" in der Ergebnismenge [mm] \Omega [/mm] verzichten !
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:52 Mo 21.07.2008 | Autor: | Blech |
Beide Definitionen funktionieren leidlich.
Mit 2 ist, wie Du schon festgestellt hast, bei stetigen ZVen jedes mögliche Ergebnis ein unmögliches Ereignis.
Mit 1 wäre z.B. beim Würfelwurf mit WMaß $P(\ [mm] \cdot\ [/mm] | [mm] X\neq [/mm] 6)$ das Ereignis X=6 nicht unmöglich, obwohl wir ja schon wissen, daß 6 eben kein mögliches Ergebnis ist. (IOW bedingte Wahrscheinlichkeiten wären ein Fall - ganz besonders, wenn wir auf kompliziertere Mengen bedingen - wo man oft tatsächlich "unmögliche Ereignisse" in [mm] $\Omega$ [/mm] belassen würde)
Fazit:
Wenn man anstattdessen von leeren Mengen und Nullmengen spricht ist es eindeutig und produziert keine paradoxen Situationen. =)
ciao
Stefan
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:21 Mo 21.07.2008 | Autor: | Jana1972 |
Hallo Luis, hallo Al-Chwarizmi,
vielen, herzlichen Dank für Eure ausführliche Erklärung! Ihr habt mir sehr weiter geholfen! Dankeschön!
Viele Grüße
Jana
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:18 Mo 21.07.2008 | Autor: | Jana1972 |
Hallo Luis, hallo Al-Chwarizmi,
vielen, herzlichen Dank für Eure ausführliche Erklärung! Ihr habt mir sehr weiter geholfen! Dankeschön!
Viele Grüße
Jana
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> Moin Jana,
>
> betrachte das Zufallsexperiment "Werfen einer Muenze" mit
> [mm]\Omega=\{\text{Kopf},\text{Wappen}\}[/mm] und der Potenzmenge
> [mm]\mathfrak{A}=\mathfrak{P}(\Omega)[/mm] von [mm]\Omega[/mm] als
> [mm]\sigma[/mm]-Algebra.
> Formal erfuellt [mm]P\colon\mathfrak{A}\to[0,1][/mm] mit
> [mm]P(\Omega)=1[/mm], [mm]P(\{\text{Kopf}\})=1[/mm] , [mm]P(\{\text{Wappen}\})=0[/mm]
> , [mm]P(\emptyset)=0[/mm]
> die Eigenschaften eines Wahrscheinlichkeitsmasses.
> Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
>
> vg Luis
>
hallo luis,
interessant, dass bis jetzt, wo über 60 Leute diesen Beitrag
gelesen haben, noch niemand reklamiert hat wegen dem
Fehler in der letzten Zeile:
anstatt:
> Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
hast du bestimmt gemeint:
> Gleichwohl ist [mm]\{\text{Wappen}\}\ne\emptyset[/mm].
gute Nacht
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 00:27 Di 22.07.2008 | Autor: | Marcel |
Hi,
> hallo luis,
>
> interessant, dass bis jetzt, wo über 60 Leute diesen
> Beitrag
> gelesen haben, noch niemand reklamiert hat wegen dem
> Fehler in der letzten Zeile:
>
> anstatt:
>
> > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
>
> hast du bestimmt gemeint:
>
> > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Wappen}\}\ne\emptyset[/mm].
naja, wenn man ganz spitzfindig ist: Die Aussage
> Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm]
ist ja nicht falsch, denn es gilt ja in der Tat nicht:
[mm] $\{\text{Kopf}\}=\emptyset$ [/mm]
Daher machen wir ihnen mal keinen Vorwurf.
Gruß,
Marcel
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(al-Chwarizmi:)
> > hallo luis,
> >
> > interessant, dass bis jetzt, wo über 60 Leute diesen
> > Beitrag gelesen haben, noch niemand reklamiert hat
> > wegen dem Fehler in der letzten Zeile:
> >
> > anstatt:
> >
> > > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
> >
> > hast du bestimmt gemeint:
> >
> > > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Wappen}\}\ne\emptyset[/mm].
(Marcel:)
> naja, wenn man ganz spitzfindig ist: Die Aussage
>
> > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm]
>
> ist ja nicht falsch, denn es gilt ja in der Tat nicht:
> [mm]\{\text{Kopf}\}=\emptyset[/mm]
(al-Chw.:)
hi Marcel - und alle anderen
vielleicht ist es jetzt oberspitzfindig, wenn ich sage:
ich habe ja gar nicht behauptet, dass die Aussage
[mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm]
falsch sei. Ich meinte nur, dass luis offensichtlich nicht
das geschrieben hat, was er gemeint hat - und was für
seine Argumentation wesentlich gewesen wäre !
Der Punkt, worauf luis hinweisen wollte, lag
doch eindeutig beim Ereignis [mm] \{Wappen\}, [/mm] das zwar die
Wahrscheinlichkeit [mm] P(\{Wappen\})=0 [/mm] haben soll, aber
trotzdem in der Menge [mm] \Omega [/mm] der Elementarereignisse
aufgeführt ist, quasi als Statist, der zwar aufgeboten wurde
und möglicherweise sogar eine kleine Gage für die Präsenz
bekommt, aber trotzdem nie auftreten darf...
Im Beispiel mit den "gleichverteilten reellen Zufallszahlen
aus dem Intervall [0..1)" ist es rein wirtschaftlich gesehen
natürlich noch viel katastrophaler: da werden überabzähl-
bar viele Statisten aufgeboten, von denen dann am Ende
nur ein paar wenige zum Zug kommen können: in
welchem Bereich da die Statisten-Gage liegen mag, über-
lassen wir lieber den Anhängern der Non-Standard-Analysis !
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:06 Di 22.07.2008 | Autor: | luis52 |
>
> anstatt:
>
> > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Kopf}\}\ne\emptyset[/mm].
>
> hast du bestimmt gemeint:
>
> > Gleichwohl ist [mm]\{\text{Wappen}\}\ne\emptyset[/mm].
Ja, hab's korrigiert.
vg Luis
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